oder wenn der Wagen ein Dreibein wird! (Schwerpunkt Marathon)
Der Moment vor dem wir uns alle fürchten (sollten) kommt schneller als man denkt. Ob bei rasanten Hindernisfahrten, in Krisensituationen oder auch besonders beim Marathonfahren gehen wir ein erhöhtes Risiko ein, mit dem Wagen nicht mehr auf allen vier Rädern zu fahren.
Wie schnell eine Kutsche umfällt ist einfach zu demonstrieren. Alles ist gut solange beide Achsen parallel laufen. Dann hat sie vier Auflagepunkte und ist nicht so leicht aus der Bahn zubringen, vor allem in der Fahrt. Doch dreht Mal die Vorderachse eures Wagens im 90° Winkel und hebelt ein wenig an Schere oder Deichsel. Ups – plötzlich bewegt sich der Wagen ganz leicht!
Wie kommt man in diese Position in der Praxis? Z.B. wenn man das Pferd zu eng wendet. Der Fahrer ist mit seinem Gewicht dann zwar eigentlich über dem Drehpunkt aber spätestens wenn der Beifahrer jetzt zu weit innen belastet, wirkt es als ob die Kutschenplattform einfach nach vorne überfällt und sich über die Vorderachse abrollt.
Was kann man tun um das Risiko zu reduzieren?
Bildet eure Gespanne möglichst gut aus – besonders was Schrecktraining und Vertrauen angeht. Die Zeit, die ihr hier investiert, ist unbezahlbar und wird entscheidend für die Krisensituationen!
Im Sport gilt: Beachtet schon bei der Wegplanung Bodenunebenheiten, Hanglagen, tiefhängende Äste und mögliche Alternativrouten. Enge Routen empfehlen sich nur mit Pferden, die ihr sehr gut an den Hilfen habt und auf die ihr euch verlassen könnt. Außerdem ist eine gute Vorbereitung der Beifahrer sowie eure Erfahrung mit dem Wagen sinnvoll.
Jetzt schauen wir uns mal den Marathon an:
Wir kennen alle die spektakulären Fotos bei denen die Gespanne auf irrwitzig enger Linie um ein Hindernis biegen und der Beifahrer weit aus dem Wagen hängt. Das ist für ein eingespieltes und langjähriges Team aus Fahrer, Navigator und Pferd(en) vielleicht machbar, aber birgt im Amateursport deutliche Risiken. Man tendiert als Navigator gerne dazu sich auf die Seite zu setzen und damit das meiste Gewicht auf die gewünschte Seite zu bringen.
Unsere Erfahrung empfiehlt für Wendungen auf der Ebene:
– Gewicht im Stand möglichst nah hinter den Fahrer nach innen in die Kurve bringen. Dabei darf nicht der „äußere Fuß“ das Gewicht an der Außenseite abstützen sonst ist zwar der Körper über dem richtigen Punkt aber durch den Druck verteilt sich die Last quer.
– wer sitzen will, muss sehr schnell aus dieser Position wieder rauskommen, falls Mal eine Bodenwelle die Kutsche zum Fliegen bringt und man plötzlich auf der anderen Seite gebraucht wird.
– nicht zu weit raushängen, falls nicht eindeutig mit dem Fahrer abgesprochen, denn wenn er die Linie doch enger nimmt, wird es für euch schnell sehr eng.
– immer bereit sein umzudenken! Manchmal ist die geplante Route nicht umsetzbar und dann muss man umdenken und schnell reagieren. Es ist nicht wahrscheinlich, dass der Fahrer die Zeit und Gedanken frei hat, den Navigator parallel zu informieren, während er/sie die Route anpasst.
Am Hang sind die Regeln etwas andere:
Hier gilt grob dass beim Bergab der Navigator eher die Hinterachse belasten sollte und quer zum Hang die Hangseite. Dabei muss er der Wendung aber mit viel Gefühl folgen.
Sonst noch ein paar Hinweise für die Navigatoren:
– nie vom Wagen runter außer der Fahrer sagt es euch… Er verlässt sich auf das Verhalten des Wagens mit euch als Ballast.
– wenn ihr im Hindernis „verloren geht“, schreit laut denn das Gespann darf nicht ohne Beifahrer den Hinderniskomplex verlassen, sonst gibt es nicht nur die Strafpunkte für das Verlassen der Kutsche.
– ob Klopfen, Rufen oder anderes anfeuern – Bitte nur nach Absprache mit dem Fahrer sonst kann das gefährlich werden.
Insgesamt gilt:
Je mehr Erfahrung ein Navigator sammeln kann, desto mehr kann er den Wagen lesen und neben seinen Aufgaben wie Strecken-/Zeitüberwachung, Drehkranzbremse und Hindernisroute sichern, eben auch ein Gefühl für das Verhalten des Wagens entwickeln.
Bitte denkt daran – der Mensch hinter euch vertraut euch sein Leben an ohne die Möglichkeit eingreifen zu können. Das ist ein großer Vertrauensbeweis und benötigt auch einen gesunden Hang zum Wahnsinn. Ich habe in meinen Jahren als Navigator bei Andreas Veit so viel gelernt – das möchte ich nicht missen und kann jedem Einsteiger nur empfehlen, sich den Marathon Mal aus Sicht der Rückbank bei einem erfahrenen Fahrers eures Vertrauens zu erarbeiten – es wird euch auch bei den eigenen Fahrten helfen!
Nun Allzeit gute Fahrt und alle Achsen in stabiler Position!